- 08. Oktober 2025
- Rechnungslegung
Aktuelle Entwicklungen in der US-Zollpolitik – was es bei Angaben im Anhang und Lagebericht zu beachten gibt
Auf Grundlage der Regelungen der Section 301 des US-amerikanischen Handelsgesetztes passten die USA in den Jahren 2024 und 2025 ihre Zölle gegenüber ausländischen Unternehmen mehrfach an. Viele deutsche Unternehmen sehen sich mit einem Zollsatz von bis zu 15 Prozent konfrontiert. Besonders exportorientierte Unternehmen stehen hier vor großen Herausforderungen.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welche Angaben im Anhang und Lagebericht von den aktuellen Entwicklungen betroffen sein könnten.
Anhang
Der Anhang erläutert als integraler Bestandteil des Jahres- bzw. Konzernabschlusses die Bilanz- und GuV-Posten und beschreibt die angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden. Die Zollpolitik kann hier einen wesentlichen Einfluss auf dessen Angaben haben.
Beispielsweise ist gemäß § 285 Nr. 33 HGB über Ereignisse nach dem Bilanzstichtag zu berichten, wenn diese von besonderer Bedeutung sind. So können stichtagsnahe Entwicklungen, wie etwa die zuletzt rückwirkend zum 1. August 2025 gesenkten Zölle auf EU-Autos bzw. deren Teile, eine Angabepflicht auslösen.
Sofern sie nicht in der GuV angewiesen sind, müssen auch außerplanmäßige Abschreibungen im Anhang angegeben werden (§ 277 Abs. 3 HGB). Betroffen sein könnte hiervon unter anderem das Finanzanlagevermögen, vor allem bei Beteiligungen oder Ausleihungen an US-Unternehmen, wenn die Beteiligungen strukturell bedingt niedrigere Ergebnisse verzeichnen.
Zudem müssen Erträge oder Aufwendungen außergewöhnlicher Größenordnung gemäß § 285 Nr. 31 HGB offengelegt werden, etwa im Zusammenhang mit der Bildung erheblicher Drohverlustrückstellungen oder der Neustrukturierung und Aufgabe einzelner Produktgruppen.
Auch die Fortführungsannahme ist zu prüfen. Führen zum Beispiel dauerhaft erhöhte US-Zölle oder Lieferabbrüche zu wesentlichen Unsicherheiten, die Zweifel an der Fortführung der Geschäftstätigkeit hervorrufen, ist dies im Anhang adressatengerecht zu erläutern. Alternativ kann die entsprechende Angabe im Lagebericht erfolgen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass ein entsprechender Verweis auf den Lagebericht auszunehmen ist.
Lagebericht
Der Lagebericht ergänzt den Jahres- bzw. Konzernabschluss um eine adressatengerechte Darstellung des Geschäftsverlaufs, der Lage und der voraussichtlichen Entwicklung (§§ 289, 315 HGB; Konzern: DRS 20). Die aktuelle US-Zollpolitik, einschließlich erhöhter Zollsätze, geänderter Ausnahmen und verschärfter Grenzprüfungen, kann Absatz, Kostenstruktur, Lieferkettenstabilität und Compliance maßgeblich beeinflussen und ist daher in den Abschnitten zur Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage, im Prognose- sowie im Chancen- und Risikobericht konsistent zu berücksichtigen.
Vermögens- und Finanzlage
Die Vermögens- und Finanzlage kann durch die US-Zollpolitik insbesondere bei Vorräten (längere Lagerdauer, ggf. Niederstwertabschreibungen), Forderungen und sonstigen Vermögenswerten (Zollrückerstattungen), Rückstellungen (Drohverluste, Abgaben- und Rechtsrisiken), Verbindlichkeiten (fällige Zölle/Einfuhrabgaben), derivativen Finanzinstrumenten (Hedging) sowie der Liquidität beeinträchtigt werden. Soweit wesentlich, sind Ursachen, Höhe und Steuerungsmaßnahmen im Lagebericht konsistent darzulegen.
Ertragslage
Die Ertragslage analysiert die Ergebnisquellen und -treiber des Unternehmens (§ 289 HGB). Die US-Zollpolitik wirkt dabei auf Umsatzerlöse (Preis- und Mix-Effekte, Nachfrageverschiebungen) und die Material- und Herstellkosten (Logistik- und Compliance-Aufwände) und beeinflusst so Margen und EBIT. Soweit wesentlich, sind Wechselkurseinflüsse (USD/EUR) und Absicherungen einzuordnen sowie zollbedingte Sondereffekte (z. B. Rückerstattungen oder außergewöhnliche Aufwendungen) transparent darzulegen.
Prognosebericht
Der Prognosebericht stellt die voraussichtliche Entwicklung des Unternehmens dar und erläutert die zugrunde gelegten Annahmen (§ 289 HGB). Die US-Zollpolitik beeinflusst dabei Absatz- und Beschaffungspreise, Lieferkettenstabilität sowie Compliance-Kosten und ist in Basisszenarien und Sensitivitätsanalysen (z. B. Zoll- und USD-Schwankungen) zu berücksichtigen. Erwartete Effekte auf Umsatz, Bruttomarge, Working Capital und Investitionen sind transparent herzuleiten; steuernde Maßnahmen, wie Preisstrategie oder Absicherungen, sind konsistent darzustellen.
Risiko- und Chancenbericht
Die US-Zollpolitik kann Risiken durch höhere Zollsätze und volatile Ausnahmen hervorrufen. Sofern keine Angabe im Anhang erfolgt, ist an dieser Stelle ebenfalls darüber zu berichten, wenn aufgrund der Zollpolitik voraussichtlich ein bestandsgefährdendes Risiko entsteht. Darüber hinaus ist zu berichten, wenn sich das Risikobild aufgrund der Zölle verändert.
Vereinzelt können sich jedoch auch Chancen ergeben. So können beispielsweise Marktanteilsgewinne in den USA entstehen, wenn Wettbewerber aufgrund höherer Zollsätze stärker belastet sind und dadurch Preise anheben, Lieferzeiten verlängern oder ihr Sortiment einschränken müssen.
Fazit
Die aktuellen US-Zölle wirken unmittelbar auf Preise, Margen und Lieferketten – und damit auf Anhangsangaben und Lagebericht. Maßgeblich sind Wesentlichkeit, Klarheit und Konsistenz der Berichterstattung: Methoden, Effekte und Risiken sind nachvollziehbar zu erläutern und zwischen Anhang und Lagebericht abzustimmen. Unternehmen sollten stichtagsnahe Änderungen fortlaufend überwachen, Annahmen im Prognosebericht aktualisieren und die Fortführungsannahme im Blick behalten; wo angebracht, sind quantitative Kennzahlen (z. B. Zollkosten) zur Einordnung zu ergänzen.