• 08. Oktober 2025
  • Rechnungslegung

Neuregelung der Lageberichterstattung: Berichtspflichten für immaterielle Ressourcen

Am 3. September 2025 hat das Bundeskabinett den neuen Regierungsentwurf (RegE) eines Gesetzes zur Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD, Richtlinie (EU) 2022/2464) beschlossen, welcher anschließend durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) veröffentlicht wurde.

Der Gesetzentwurf enthält – unverändert zum nicht verabschiedeten CSRD-Umsetzungsgesetz aus dem Jahr 2024 – den neu einzuführenden § 289 Abs. 3a HGB. Demnach haben betroffene Gesellschaften in ihrem Lagebericht zukünftig die wichtigsten immateriellen Ressourcen anzugeben. Damit werden die Vorgaben der Bilanzrichtlinie in der durch die CSRD eingefügten Fassung 1:1 in deutsches Gesetz umgesetzt.

Anwendungsbereich

Relevant ist die Neuregelung des § 289 Abs. 3a HGB ist für folgende Unternehmen:

  • große Gesellschaften im Sinne des § 267 Abs. 3  Satz 1 und Abs. 4 bis 5 HGB
  • kapitalmarktorientierte Gesellschaften im Sinne des § 264d HGB, die keine Kleinstkapitalgesellschaften (§267a HGB) sind. 

Mit der Ergänzung des § 315 HGB ist diese Regelung auch für den Konzernlagebericht relevant. 

Immaterielle Ressourcen

Die Bandbreite immaterieller Ressourcen ist groß und vielfältig. Dazu zählen beispielsweise Produkt- und Technologieinnovationen, Markenstärke, Kundenzufriedenheit sowie die Qualifikation und Motivation der Mitarbeitenden. Nicht selten handelt es sich dabei um selbst geschaffene Ressourcen, die bilanziell nicht erfasst werden. Für bestimmte immaterielle Ressourcen besteht nach HGB und IFRS sogar ein Ansatzverbot (z.B. selbst erstellte Marken, Verlagsrechte und Kundenlisten). Aus der fehlenden Bilanzierung immaterieller Ressourcen ergibt sich ein Informationsdefizit, da über diese Ressourcen bisher in zu geringem Maße berichtet wurde. Dabei können insbesondere immaterielle Ressourcen entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit und einen nachhaltigen und branchenüberdurchschnittlichen Erfolg eines Unternehmens sein. Mit der Neuregelung des § 289 Abs. 3a HGB soll die Diskrepanz zwischen der zunehmenden Relevanz immaterieller Ressourcen für den Unternehmenserfolg und ihrer bislang unzureichenden Abbildung im Abschluss und Lagebericht überwunden werden.

Angabepflichten

Die neue Berichtsangabe verpflichtet Unternehmen zu erläutern, inwiefern das Geschäftsmodell der Gesellschaft grundlegend von diesen Ressourcen abhängt und inwiefern diese Ressourcen eine Wertschöpfungsquelle für die Gesellschaft darstellen. Berichtet werden soll nicht nur über die nicht bilanzierten immateriellen Anlagewerte, sondern grundsätzlich über die bedeutendsten immateriellen Ressourcen – unabhängig davon, ob sie bilanziert werden oder nicht. Gemäß CSRD haben die berichtspflichtigen Unternehmen nicht über sämtliche immateriellen Ressourcen zu berichten, sondern allein über die unternehmensspezifisch wichtigsten. Damit hat die EU ein neues Wesentlichkeitskriterium für die Bestimmung der berichtspflichtigen immateriellen Ressourcen eingeführt, das noch weiter zu konkretisieren ist.

Derzeit existieren weder von der EU-Kommission noch vom deutschen Gesetzgeber verbindliche Vorgaben zur inhaltlichen Gestaltung. Das DRSC beabsichtigt, die Berichtspflicht durch eine Ergänzung seiner DRS näher zu konkretisieren. Bis dahin kann bei der inhaltlichen Ausgestaltung auf wissenschaftlich entwickelte Klassifikationssysteme (z.B. „Value-Reporting“ Ansatz) zurückgegriffen werden.

Bezug zur Nachhaltigkeitsberichterstattung

Mit dem EU-Omnisbusverfahren wurde der Anwenderkreis für die ESG-Berichtspflichten deutlich reduziert. Die Neuregelung des § 289 Abs. 3a HGB ist jedoch weiterhin für einen großen Anwenderkreis relevant. Die Berichterstattungspflicht zu den wichtigsten immateriellen Ressourcen besteht demnach unabhängig von der Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. Da die Berichtspflicht für immaterielle Ressourcen jedoch parallel zur Reform der Nachhaltigkeitsberichterstattung eingeführt werden soll und der erste CSRD-Entwurf deren ausschließliche Verortung im Nachhaltigkeitsbericht vorsah, stellt sich die Frage nach den Verknüpfungen zwischen immateriellen Ressourcen und den Nachhaltigkeitsaspekten (Umwelt, Arbeitnehmer und Soziales, Unternehmensführung). Beispielsweise lässt sich die Mitarbeiterzufriedenheit sowohl dem Humankapital als auch dem Nachhaltigkeitsaspekt ‚Arbeitnehmer und Soziales‘ zuordnen. Im Rahmen der Entwicklung der CSRD hat die EU anhand ausgewählter Beispiele verdeutlicht, dass immaterielle Werte sowohl einen Bezug zur Nachhaltigkeit aufweisen als auch ohne Nachhaltigkeitsbezug bestehen können. Eine klare Konkretisierung der Überschneidungsbereiche bzw. Differenzierung zwischen immateriellen Ressourcen und Nachhaltigkeitsaspekten fehlt sowohl in der CSRD (einschließlich ESRS) als auch in den weiteren Quellen. Eine solche Abgrenzung immaterieller Werte mit und ohne Nachhaltigkeitsbezug ist insbesondere für die Verortung der Angaben relevant. Da die CSRD einen separaten Nachhaltigkeitsbericht innerhalb der Lageberichterstattung vorsieht, besteht die Herausforderung darin, die Berichterstattung über immaterielle Ressourcen im allgemeinen Lagebericht und im Nachhaltigkeitsbericht zu verbinden, um Doppelberichterstattung zu vermeiden. 

Fazit

Trotz ihrer hohen Relevanz zählen immaterielle Ressourcen seit Jahrzehnten zu den ungelösten Herausforderungen des Bilanzrechts. Die aktuellen Bilanzierungskonzepte erlauben keine vollständige Abbildung immaterieller Ressourcen. Aufgrund ihrer zunehmenden Bedeutung für die (nachhaltige) Geschäftstätigkeit vieler Unternehmen hat sich die Marktwert-Buchwert-Lücke kontinuierlich vergrößert, was Kritik an der Finanzberichterstattung nach sich zog. Mit der Einführung der Berichtspflicht über die wichtigsten immateriellen Ressourcen gemäß CSRD wurde nun ein regulatorischer Rahmen geschaffen, um die Lücke zu schließen. Für die praktische Umsetzung der allgemein gehaltenen Richtlinien bedarf es jedoch noch konkreter Ausgestaltungen für Ersteller und Prüfer. Aktuell ergeben sich verschiedene Fragestellungen hinsichtlich des Berichtsformats sowie der sachgerechten Verortung der Angaben zu immateriellen Ressourcen.