- 04. September 2025
- Gewerblicher Rechtsschutz
Auf Achse
Woran denken Sie, wenn Sie diesen Begriff lesen? Kommt Ihnen hierbei die Serie aus den 80ern mit Manfred Krug als Truckerfahrer in der Hauptrolle in den Sinn oder das gleichnamige Spiel des Jahres 1987 oder denken Sie vielleicht an den so betitelten Song der schottischen Band Franz Ferdinand auf ihrem Debütalbum 2004?
Woran auch immer Sie bei „Auf Achse“ denken, dieser Blogbeitrag beschäftigt sich mit der Haftung von Logistikunternehmen für Markenrechtsverletzungen. Ein Logistikunternehmen ist ein Dienstleister, der die Planung, Steuerung und Durchführung der Lagerung und des Transports von Waren und Informationen entlang einer Lieferkette übernimmt, um Kundenbedürfnisse zu erfüllen (so die KI-generierte Definition bei Google). Damit wäre der Bogen zum vorliegenden Fall gespannt.
Worum geht es?
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat sich in einer aktuellen Entscheidung mit der Frage beschäftigt, ob und inwieweit ein Logistikunternehmen für Markenrechtsverletzungen Dritter haftet (OLG Düsseldorf, Urteil v. 07.08.2025, Az. 20 U 9/25).
Antragstellerin des Verfahrens ist ein weltweit führender Sportartikelhersteller. Die Antragsgegnerin ist ein Logistikdienstleister, der nicht im Binnenmarkt ansässigen Unternehmen ihre Adresse für den Postversand in Deutschland zur Verfügung stellt und als deren Rücksendelager für nicht zustellbare Ware dient. Ihre Hauptkundin ist eine in der Volksrepublik China ansässige Firma.
Im Rahmen mehrerer Testkäufe markenverletzender Bekleidungsstücke trat jeweils die Antragsgegnerin als formale Absenderin der Ware in Erscheinung. Auf eine Abmahnung der Antragstellerin verteidigte sich die Antragsgegnerin mit der Begründung, sie sammele lediglich im Auftrag ihres Kunden, eines Spediteurs, die Retouren ein. Der eigentliche Versender der Ware sei ihr nicht bekannt. Das Landgericht untersagte der Antragsgegnerin anschließend, die Marken der Antragstellerin innerhalb der Europäischen Union für Bekleidungsstücke zu benutzen und es dabei insbesondere Dritten zu gestatten, für den Versand dieser Waren ihre Adresse als Absenderadresse zu nutzen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin.
Entscheidung
Das OLG Düsseldorf bestätigt die Unterlassungsverpflichtung der Antragsgegnerin und untersagte dieser u.a., es Dritten zu ermöglichen mit den Marken der Antragsstellerin gekennzeichnete Bekleidungsstücke in der EU in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen, einzuführen oder auszuführen, und dabei insbesondere es Dritten zu gestatten, für den Versand der Bekleidungsstücke die Adresse der Antragsgegnerin als Absenderadresse zu nutzen mit dem Zweck, als Retouren-Adresse für nicht zustellbare Waren zu fungieren und/oder Lagerdienstleistungen für Dritte, die die betreffenden Bekleidungsstücke verkaufen, anzubieten.
Die Antragsgegnerin sei keine direkte Täterin der Markenverletzung, wohl aber hafte sie als sogenannte „Störerin“, weil sie Dritten deren Markenrechtsverletzungen durch ihr Verhalten ermöglicht habe. Durch die Gestattung der Nutzung ihrer Adresse als Absenderadresse und ihre Bereitschaft, im Falle Nichtzustellung das Paket entgegenzunehmen, trage die Antragsgegnerin willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung der Markenrechte der Antragstellerin bei. Denn ohne die Bereitschaft der Antragsgegnerin, ihre Adresse als Absenderadresse zu nutzen und im Falle der Nichtzustellung das Paket entgegenzunehmen, würden die Pakete mit markenverletzender Ware schon nicht aus China in den Binnenmarkt verbracht, da der deutsche Spediteur nach dem eigenen Vortrag der Antragsgegnerin für den Versand von Paketen innerhalb Deutschlands eine einen Ort in Deutschland bezeichnende Absenderangabe verlangt, um im Falle der Unzustellbarkeit oder sonstiger Unregelmäßigkeiten eine Rückbeförderung zu ermöglichen.
Praxistipp und Fazit
Nicht nur der unmittelbare Rechtsverletzer, hier also die chinesische Verkäuferin der gefälschten Markenware, haftet auf Unterlassung, sondern auch der sogenannte Störer. Hierzu zählt jeder, der - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt.
Voraussetzung der Störerhaftung ist allerdings zunächst die Verletzung von Prüfungs- oder Überwachungspflichten.
Wie das OLG Düsseldorf zu Recht darauf hinweist, ist einem Unternehmen, das Waren für eine Vielzahl von Kunden einlagert, eine anlasslose Überprüfung sämtlicher von ihm in Besitz genommenen Waren auf mögliche Rechtsverletzungen unzumutbar, weil die Warenlogistik, der im Rahmen eines effizienten Warenverkehrs erhebliche wirtschaftliche Bedeutung zukommt, durch die Annahme einer anlasslosen Prüfpflicht des Lagerhalters erheblich beeinträchtigt würde. Entsprechendes gilt für einen Spediteur, da eine generelle Prüfungspflicht im Hinblick auf Schutzrechtsverletzungen durch die transportierte Ware seine Tätigkeit erheblich verteuern und komplizieren würde.
Eine Pflicht zur Einholung von Erkundigungen und gegebenenfalls zur eigenen Prüfung der Ware mit der möglichen Folge einer Eingreifpflicht entsteht aber dann, so das OLG Düsseldorf, wenn der Spediteur von der Möglichkeit einer Schutzrechtsverletzung Kenntnis erlangt. Ein Spediteur dürfe sich nur so lange ohne Weiteres darauf verlassen, dass von dem Versender oder Empfänger die absoluten Rechte Dritter beachtet werden, wie ihm nicht konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese Rechte tatsächlich nicht beachtet worden sind und er - der Spediteur - folglich an der unerlaubten Handlung eines Dritten mitwirkt. Ergeben sich solche Anhaltspunkte, müsse er die zumutbaren Maßnahmen ergreifen, um den Verdacht der Schutzrechtsverletzung aufzuklären. Ergibt die Aufklärung, dass eine Schutzrechtsverletzung vorliegt, dürfe der Spediteur die Mitwirkung an der objektiv rechtswidrigen Handlung des Dritten ebenso wenig fortsetzen, wie er sonst vorsätzlich eine Schutzrechtsverletzung unterstützen darf.
Ob „Auf Achse“ oder bei der Lagerung von Waren, Logistikunternehmen müssen Hinweisen auf Markenrechtsverletzungen der eingelagerten/transportierten Waren umgehend nachgehen und gegebenenfalls unterbinden, wenn Sie sich keiner eigenen Haftung aussetzen wollen.