- 16. September 2025
- Vermögensnachfolge
Grundstücksschenkungen und -übertragungen an Kinder rechtssicher gestalten
Den eigenen Kindern Grundeigentum zu übertragen, kann verschiedene Beweggründe haben. Mancher möchte das traute Heim langfristig im Familienbesitz wissen. Zudem sollen die Kinder finanziell abgesichert werden und Immobilien sind eine sichere Wertanlage. Auch kann im Wege der vorweggenommenen Erbfolge eine Grundstücksschenkung in Betracht kommen.
[Es gibt viele gute Gründe für Eltern, ihren Kindern Grundeigentum zu übertragen. Ebenso gute Gründe gibt es, sich bei der Übertragung umfassend beraten zu lassen. Denn die Übertragung eines Grundstücks auf einen Minderjährigen birgt zahlreiche Risiken und hält einige versteckte Fallstricke bereit.]
Der Minderjährigenschutz ist die heilige Kuh des Privatrechts, sagen die Juristen. Der Minderjährige soll schuldenfrei in das Erwachsenenleben starten, aber dennoch am Rechtsverkehr teilnehmen können. Deshalb sieht das BGB ein austariertes System zum Minderjährigenschutz vor, was sich insbesondere bei der Übertragung von Grundstücken zeigt.
Bei der Übertragung einer Immobilie auf einen Minderjährigen ist zunächst zwischen geschäftsunfähigen und beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen zu unterscheiden. Beschränkt geschäftsfähig ist jeder Minderjährige, der das siebente Lebensjahr vollendet hat. Geschäftsunfähig ist jeder, der das siebente Lebensjahr nicht vollendet hat.
In beiden Fällen bedarf der Erwerb eines Grundstücks der Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters, also üblicherweise der Eltern. Diese können aber in bestimmten Situationen – wenn die Grundstücksübertragung nicht lediglich rechtlich vorteilhaft ist – von der Vertretung ausgeschlossen sein. In diesem Fall ist für das Kind ein Ergänzungspfleger zu bestellen. Darüber hinaus kann eine familiengerichtliche Genehmigung der Übertragung erforderlich sein.
Die Übertragung auf einen geschäftsunfähigen Minderjährigen
Wollen die Eltern ihrem unter sieben Jahre altem Kind ein Grundstück schenken, treten sie auf beiden Seiten der Schenkung auf. Einerseits im eigenen, andererseits im Namen des Kindes. Damit liegt ein sog. Insichgeschäft vor. Bei einem Insichgeschäft tritt ein und dieselbe Person auf beiden Seiten des Rechtsgeschäfts auf. Da dies potenziell zu Interessenkollisionen führen kann, ist die Vertretung in solchen Fällen grundsätzlich ausgeschlossen. Für Eltern bedeutet dies, dass für die Vornahme des Geschäftes ein Ergänzungspfleger bestellt werden müsste. Die Vorschrift des § 181 BGB – der das Insichgeschäft regelt –findet aber dann keine Anwendung, wenn das Geschäft für den Vertretenen – hier also das Kind – lediglich rechtlich vorteilhaft ist (sog. teleologische Reduktion). Damit stellt sich die Frage, wann die Übertragung eines Grundstücks auf einen Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhaft ist (hierzu sogleich näher).
Die Übertragung auf einen beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen
Hat das Kind das siebente Lebensjahr vollendet, kann es lediglich rechtlich vorteilhafte Geschäfte selbst vornehmen. Die Eltern müssten also nicht zwingend das Kind vertreten. Ist die Grundstücksübertragung für den Minderjährigen jedoch nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, müssen die Eltern dem Geschäft zustimmen. Damit stellt sich auch hier das Problem des Insichgeschäfts: Treten die Eltern selbst als Schenker auf, können sie nicht zustimmen. Dann ist zur Vornahme des Geschäfts ein Ergänzungspfleger zu bestellen.
Lediglich rechtlich vorteilhafte und rechtlich nachteilige Grundstücksübertragungen
Ein Geschäft ist lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn der Minderjährige durch das Geschäft ausschließlich berechtigt, aber nicht verpflichtet wird. Hierbei kommt es allein auf eine rechtliche Betrachtung an. Die wirtschaftliche, ökonomische Vorteilhaftigkeit spielt keine Rolle. So ist der Grundstückskauf beispielsweise niemals rechtlich vorteilhaft, da der Minderjährige hier zur Kaufpreiszahlung verpflichtet wird, egal wie niedrig der Kaufpreis sein mag.
Lediglich rechtlich vorteilhaft ist die Übertragung eines Grundstücks auf einen Minderjährigen zumindest im Hinblick auf laufende Steuerpflichten, die an das Eigentum an einem Grundstück anknüpfen. Die Rechtsprechung argumentiert, dass Steuern zwar nachteilig, aber wirtschaftlich unbedeutend sind und regelmäßig aus den laufenden Erträgen des Grundstücks beglichen werden können.
Auch die Übertragung eines mit einer Grundschuld oder Hypothek belasteten Grundstücks auf einen Minderjährigen ist lediglich rechtlich vorteilhaft. Denn der Minderjährige haftet hier nur aus dem Grundstück und nicht mit seinem gesamten Vermögen.
Nicht lediglich rechtlich vorteilhaft hingegen ist die Übertragung eines vermieteten oder verpachteten Grundstücks. Denn in beiden Fällen würde der Minderjährige in das Miet- bzw. Pachtverhältnis eintreten und aus diesem verpflichtet werden.
Ist das Grundstück mit einem Nießbrauch belastet, kommt es für die Frage des lediglich rechtlichen Vorteils auf die genaue Ausgestaltung des Nießbrauchs an. Im Regelfall ist der Nießbrauch rechtlich nachteilig, da den Minderjährigen Aufwendungs- und Verwendungsersatzpflichten treffen. Nur wenn ausnahmsweise der Nießbraucher verpflichtet wurde, die Kosten für außergewöhnliche Verbesserungen und Erneuerungen sowie außergewöhnliche Grundstückslasten zu tragen, ist das Geschäft lediglich rechtlich vorteilhaft.
Anderes gilt bei einem mit einem Wohnrecht belasteten Grundstück. Dessen Erwerb ist für den Minderjährigen lediglich rechtlich vorteilhaft.
Die Übertragung von Wohnungseigentum ist wiederum rechtlich nachteilig, da der Minderjährige in die Wohnungseigentümergemeinschaft eintritt und daraus verpflichtet wird. Die unentgeltliche Übertragung von Wohnungs- und Teileigentum auf einen Minderjährigen bedarf zudem der familiengerichtlichen Genehmigung.
Wiederum anders sieht es hingegen bei der Übertragung eines Miteigentumsanteils an einem weder vermieteten noch verpachteten Grundstück aus. Die bei der Übertragung von Wohnungs- oder Teileigentum angestellten Überlegungen greifen hier nämlich nicht. Denn der Miteigentümer wird nicht mehr verpflichtet als der Alleineigentümer.
Wird die Grundstücksschenkung mit einem Rückforderungs- oder Widerrufsvorbehalt verbunden, kommt es auf die genaue Ausgestaltung dieses Vorbehalts an. Beschränkt sich der Vorbehalt auf die Herausgabe der Bereicherung, so ist die Schenkung lediglich rechtlich vorteilhaft. Gestattet der Widerruf hingegen die Rückabwicklung des Vertrags nach Rücktrittsrecht, dann ist sie rechtlich nachteilig. Begründet wird dies damit, dass der Beschenkte im ersten Fall nur mit dem Grundstück haftet. Im letzteren Fall hingegen mit seinem gesamten Vermögen.
Familiengerichtliche Genehmigung oder Ergänzungspfleger?
Können die Eltern das Kind nicht vertreten, zum Beispiel weil ein Insichgeschäft vorliegt, so ist ein Ergänzungspfleger zu bestellen. Dieser übernimmt dann die Vertretung des Kindes im konkreten Fall, stimmt also beispielsweise der rechtlich nachteiligen Grundstücksschenkung im Namen des Kindes zu.
Die familiengerichtliche Genehmigung ist bei Geschäften erforderlich, die der Gesetzgeber als besonders riskant für Minderjährige ansieht. Grundstücksübertragungen sind zwar nicht unbedingt riskant, aber regelmäßig von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Nicht selten stellt das eigene Grundstück bei Privatpersonen den Hauptteil des Vermögens dar. Eine familiengerichtliche Genehmigung ist bei Grundstücksübertragungen aber nur erforderlich, wenn der Minderjährige als Veräußerer auftritt. Im Regelfall soll der Minderjährige jedoch das Eigentum am Grundstück erwerben. Hingegen braucht es eine familiengerichtliche Genehmigung, wenn über Rechte an einem Grundstück (Hypothek, Grundschuld) des Minderjährigen verfügt wird. Aber auch beim unentgeltlichen Erwerb von Wohnungs- oder Teileigentum durch den Minderjährigen sowie dann, wenn der Minderjährige zum entgeltlichen Erwerb eines Grundstücks verpflichtet wird, also einen Kaufvertrag über ein Grundstück abschließen soll, ist eine familiengerichtliche Genehmigung notwendig.
Dabei ist zu beachten, dass die familiengerichtliche Genehmigung die Bestellung eines Ergänzungspflegers nicht ersetzen kann. Ist eine familiengerichtliche Genehmigung erforderlich, aber sind die Eltern von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen, so muss der Ergänzungspfleger die Genehmigung einholen.
Interessanterweise sind nach der aktuellen Rechtsprechung (vgl. bspw. OLG München, Beschl. v. 5.8.25 – 34 Wx 167/25 e) nicht miteinander verheiratete Eltern nicht gemäß §§ 1629 Abs. 2 S. 1, 1824 Abs. 1 Nr. 1 BGB von der Vertretung des gemeinsamen Kindes ausgeschlossen, da ein Gesamtvertretungsausschluss zumindest dann, wenn der Ausschlussgrund nur in der Person eines Elternteils vorliegt, nicht mit dem grundgesetzlichen Elternrecht vereinbar ist und sie keine Ehegatten sind. Konkret bedeutet das, dass nur weil ein Elternteil aufgrund eines Interessenkonflikts von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen ist, nicht auch automatisch das andere Elternteil das Kind nicht vertreten darf. Somit müsste man sich in diesem Fall keine Gedanken darum machen, ob eine Grundstücksübertragung für das Kind lediglich rechtlich vorteilhaft ist, da der nicht ausgeschlossene Elternteil der Übertragung für das Kind zustimmen kann, während das andere Elternteil als Veräußerer auftritt. Es muss also kein Ergänzungspfleger bestellt werden.
Fazit
Grundstücksübertragungen an Minderjährige halten einige juristische Hindernisse bereit. Um die Frage zu beantworten, ob die Übertragung lediglich rechtlich vorteilhaft ist, ob ein Ergänzungspfleger zu bestellen oder eine familiengerichtliche Genehmigung einzuholen ist, bedarf es einer genauen rechtlichen Prüfung des Einzelfalls. Häufig stellen sich diese Themen im Zusammenhang mit der eigenen Nachfolgeplanung. Zur Organisation der vorweggenommenen Erbfolge stehen zur klassischen Grundstücksschenkung viele Alternativen zur Verfügung, die auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnitten werden können.