• 27. Februar 2025
  • Nachhaltigkeit

Maßgebliche Änderungen in der EU-Nachhaltigkeits-Gesetzgebung: Zusammenfassung der EU-Kommissionsvorschläge zur Omnibus-Initiative

Die EU-Kommission hat am 26. Februar 2025 eine Reihe von Vorschlägen zur Vereinfachung und Anpassung bestehender Nachhaltigkeitsvorschriften veröffentlicht.   Ziel ist es, bestehende Richtlinien und Verordnungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung und Einhaltung von Umwelt- und Menschenrechtsstandards in der Wertschöpfungskette zu harmonisieren und den Umfang  zu reduzieren. Das betrifft die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), die EU Taxonomieverordnung und die Corporate Sustainability Due Dilligence Directive (CSDDD). Zudem soll ein beschleunigtes Gesetzgebungsverfahren angestrebt werden, um die Änderungen möglichst zügig umzusetzen. Nach konservativen Schätzungen sollen dadurch Einsparungen von rund 6,3 Mrd. EUR erzielt und zusätzliche Investitionen in Höhe von 50 Mrd. EUR ermöglicht werden.

Die Omnibus-Initiative ist Bestandteil eines umfassenden Plans zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Europas. Dieser basiert auf dem Draghi-Report und der Budapest-Deklaration, welche die steigende regulatorische Belastung kritisieren und eine drastische Reduktion der Berichtspflichten, insbesondere für KMU, fordern. Die Initiative steht im Einklang mit der Mitteilung der Kommission über den "Competitive Compass" für die EU, in der ein Abbau von 25 % der Berichtspflichten gefordert wurde.

Die wichtigsten Änderungen und Anpassungen auf einen Blick:

CSRD

Die Berichtspflicht von großen Kapitalgesellschaften, die ursprünglich ab Geschäftsjahr 2025 berichtspflichtig waren, wird  um zwei Jahre verschoben. Damit wäre erstmalig in 2028 für das Geschäftsjahr 2027 zu berichtigen. Die Größenkriterien werden angepasst, sodass nur große Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern und entweder einem Umsatz von mehr als  50 Mio. € oder einer Bilanzsumme von mehr als  25 Mio.  €  künftig berichtspflichtig sind. Dies bedeutet eine Reduktion der in der EU berichtspflichtigen Unternehmen um rund 80%. 

Darüber hinaus ist vorgesehen, den Umfang der European Sustainability Reporting Standards (ESRS)  zu reduzieren. Dazu gehört die Streichung weniger relevanter Datenpunkte und die Priorisierung quantitativer Datenpunkte. Die Einführung sektorenspezifischer Standards wird verworfen. Der zunächst vorgesehene Übergang von einer eingeschränkten Prüfpflicht („limited assurance“) zu einer umfassenden Prüfpflicht („reasonable assurance“) wurde aufgehoben, sodass nur noch nach  "limited assurance" geprüft werden muss. Statt Assurance Standards wird es für die Prüfung Assurance Guidelines – Leitlinien – geben. 

EU-Taxonomie

Die Berichterstattung zur EU-Taxonomie wird für Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitenden und weniger als € 450 Mio. freiwillig. Unternehmen dieser Größenklasse können ihre (teilweise) taxonomiekonformen Wirtschaftsaktivitäten  anhand  ihrer Umsätze und CAPEX-Kennzahlen offenlegen,  die Veröffentlichung der OpEx Kennzahlen soll freiwillig bleiben. Zudem wird die Anzahl der Meldebögen um rund 70 % verringert und die komplexesten Kriterien zur „Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen“ (DNSH) vereinfacht.

CSDDD

Die Anwendung des EU-Lieferkettengesetzes für die „erste Welle“ der Unternehmen wird um ein Jahr verschoben. Der Stichtag für die Einhaltung der neuen Regeln zu umwelt- und menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten entlang der Wertschöpfungskette wird auf Juni 2028 verlegt, um Unternehmen mehr Zeit zur Vorbereitung zu geben. Die Due Diligence-Prüfung wird auf unmittelbare Lieferanten (Tier 1) beschränkt. Eine Überprüfung mittelbarer Lieferanten in der tieferen Wertschöpfungskette soll nur bei Vorliegen von konkreten Informationen zu schwerwiegenden Verletzungen erfolgen. 

Regelmäßige Bewertungen und Kontrollen der Geschäftspartner werden nicht mehr jährlich, sondern  nur noch alle fünf Jahre erforderlich sein. Zudem wird die Anforderung für die zivilrechtliche Haftung von Personen im Unternehmen bei Nicht-Einhaltung des Gesetzes aufgehoben.

Ausblick 

Auch wenn zahlreiche Unternehmen künftig von unmittelbaren Berichtspflichten entbunden werden, bleibt die Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeitsthemen weiterhin essenziell. Nachhaltigkeitsdaten spielen eine zentrale Rolle in Geschäftsbeziehungen entlang der Wertschöpfungskette und bleiben ein entscheidender Faktor für Marktzugang und Wettbewerbsfähigkeit.

Mit der Veröffentlichung der Omnibus-Initiative beginnt der formelle Gesetzgebungsprozess auf EU-Ebene, der öffentliche Konsultationen sowie den Trilog zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Europäischen Kommission umfasst. Aufgrund der unterschiedlichen Positionen der beteiligten Institutionen ist davon auszugehen, dass sich der Prozess über mehrere Monate erstrecken wird und inhaltliche Anpassungen an den ursprünglichen Vorschlägen wahrscheinlich sind.

Nach der Verabschiedung auf EU-Ebene erfolgt die Umsetzung in nationales Recht. Da es sich bei den zentralen Regelungen der Omnibus-Initiative um Richtlinien handelt, müssen die Mitgliedstaaten diese in ihre jeweiligen Rechtsordnungen überführen. Dies geschieht in der Regel durch die Anpassung bestehender oder die Schaffung neuer nationaler Gesetze und Verordnungen innerhalb einer vorgegebenen Frist. Während dieses Umsetzungsprozesses können weitere inhaltliche Modifikationen vorgenommen werden, sofern sie mit den übergeordneten Zielen der EU-Richtlinie in Einklang stehen.

Bis zur vollständigen Umsetzung in nationales Recht besteht daher weiterhin eine gewisse Rechtsunsicherheit für Unternehmen. Es ist ratsam, die laufenden Entwicklungen aufmerksam zu verfolgen, um rechtzeitig auf neue regulatorische Anforderungen reagieren zu können. Über die neuesten Fortschritte und Anpassungen halten wir Sie in unserem Blog regelmäßig auf dem Laufenden.

Für alle großen Unternehmen, für die die Pflicht zur Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts um 2 Jahre verschoben wurde, gilt weiterhin die Pflicht zur Durchführung einer doppelten Wesentlichkeitsanalyse. Eine frühzeitige Durchführung ist ratsam: zum einen nimmt der Prozess der Datenbeschaffung und -aufbereitung für den Bericht auf Basis der doppelten Wesentlichkeitsanalyse viel Zeit ein. Zum anderen kann die neu gewonnene Zeit für die Entwicklung bisher nicht vorhandener Konzepte, Maßnahmen und Ziele für die Behebung bzw. Förderung wesentlicher Auswirkungen, Risiken und Chancen im Zusammenhang mit Menschen und Umwelt genutzt werden. Wir unterstützen Sie hierbei gerne. Sprechen Sie uns an!