- 10. Juli 2015
- Umweltrecht
Novelle des ElektroG - Händler zur Rücknahme von Elektro- und Elektronik-Altgeräten verpflichtet
Ende Juni 2015 hat der Bundestag neue Regelungen zur Rücknahme von Elektro- und Elektronik-Altgeräten beschlossen und eine Novelle des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes (ElektroG) verabschiedet; der Bundesrat hat der Novelle am 10.07.2015 zugestimmt. Sie soll voraussichtlich zum 01.10.2015 in Kraft treten. Ziel ist es, die Sammelmengen bei Elektro- und Elektronik-Altgeräten zu steigern, um vermehrt wertvolle Metalle aus den Altgeräten zurückzugewinnen. Vorgesehen ist ab dem Jahr 2016 eine Mindesterfassungsquote von 45% (ab 2019: 65%), gemessen an dem Gesamtgewicht der jeweils in den drei Vorjahren in den Verkehr gebrachten Elektro- und Elektronikgeräte.
(Verspätete) Umsetzung von EU-Vorgaben
Die Änderungen des ElektroG zielen auf die Umsetzung entsprechender EU-Vorgaben aus der Richtlinie 2012/19/EU über Elektro- und Elektronik-Altgeräte (sog. WEEE II-Richtlinie), mit der die WEEE-Richtlinie von 2002 im Jahr 2012 weitgehend neu gefasst wurde. Die Richtlinie trat zum 13.08.2012 in Kraft und war bis zum 14.02.2014 in nationales Recht umzusetzen. Nachdem die Bundesrepublik dem nicht rechtzeitig nachgekommen war, hat die Europäische Kommission im Mai 2015 vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik angestrengt und für jeden Tag der Nichtumsetzung die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von € 210.078 beantragt.
Novum: Rücknahmepflicht des Handels
Im Mittelpunkt der ElektroG-Novelle steht die neue Rücknahmepflicht des Handels, nachdem bislang nur die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sowie Elektrogerätehersteller von Erfassungspflichten betroffen waren und für Händler lediglich eine freiwillige Rücknahme normiert war. Händler, die auf einer Fläche von mindestens 400 qm Elektro- und Elektronikprodukte verkaufen, sollen künftig Altgeräte kostenlos zurücknehmen, wenn der Kunde gleichzeitig ein vergleichbares Neugerät erwirbt; Kleingeräte müssen auch ohne den Neukauf eines entsprechenden Gerätes zurückgenommen werden. Die Rücknahmepflicht betrifft auch Online-Händler, die zentrale Rücknahmestellen einzurichten haben - eine Kooperation mit den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern und eine Mitnutzung von deren Annahmestellen ist jedoch ausgeschlossen. Bei Online-Händlern ist statt der Verkaufsfläche die Größe der Lager- und Versandfläche maßgeblich.
Öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger: Pflicht zur besseren Vorsortierung
Erhalten geblieben ist die Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger, Sammelstellen für Altgeräte einzurichten und eine entgeltfreie Rückgabe anzubieten. Sie haben eine Sortierung in verschiedene Produktgruppen vorzunehmen und die sortierten Geräte an die Hersteller bzw. deren Bevollmächtigte weiterzugeben. Zur Erzielung besserer Verwertungsergebnisse wurden die Sortiergruppen gegenüber früherem Recht weiter ausdifferenziert: Für batteriebetriebene Altgeräte der Sammelgruppe 5 (Kleingeräte) ist etwa vorgesehen, dass sie künftig in separaten Behältern zu sammeln sind; Nachtspeicherheizgeräte (Sammelgruppe 4) sollen - sofern sie die Schadstoffe Asbest oder sechswertiges Chrom enthalten - ebenfalls getrennt erfasst werden, um zu verhindern, dass nicht belastete Geräte durch die gemeinsame Erfassung mit schadstoffhaltigen Altgeräten verunreinigt werden.
Vorgaben zur Gestaltung von Elektrogeräten
Weiterhin enthalten ist in der ElektroG-Novelle eine allgemein gehaltene Verpflichtung zur Gestaltung von Elektro- und Elektronikgeräten, die eine Weiterverwendung, Demontage und Verwertung berücksichtigen und erleichtern soll. Konkretere Anforderungen wurden hier trotz Forderungen aus Reihen der Opposition (insbesondere diskutiert unter dem Stichwort „geplante Obsoleszenz“) nicht geschaffen; ergänzend ist hier die Ökodesign-Richtlinie der EU heranzuziehen.
Verbringung von Altgeräten ins Nicht-EU-Ausland
Ausdrücklich vorgesehen ist in der ElektroG-Novelle, dass eine Behandlung der Altgeräte auch außerhalb der Bundesrepublik und der EU erfolgen kann. Anforderungen und Verfahren an ein solches Vorgehen richten sich nach dem Recht der Abfallverbringung: der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006, der Verordnung (EG) Nr. 1418/2007 sowie dem Abfallverbringungsgesetz. Der Export gebrauchter, noch funktionsfähiger Elektro- und Elektronikgeräte in Länder außerhalb der EU ist deutlich schärferen Regeln als zuvor unterworfen worden. In einer Anlage zum ElektroG sind Mindestanforderungen an die Verbringung gebrauchter Elektro- und Elektronikgeräte niedergelegt.
Autor: Dr. Jan Boris Ingerowski, LL.M.