- 26. Juni 2025
- Nachhaltigkeit
Quo vadis ESRS – Ein Status-Update zum Nachhaltigkeitsreporting
UPDATE VOM 10.07.2025
In einem 14-seitigen ersten Entwurf hat die EFRAG bestätigt, die ESRS-Datenpunkte senken zu wollen. Das Reduktionsziel wurde gegenüber der ursprünglich anvisierten Senkung von rund 50 % um 66 % gesteigert. Dies umfasst ein Reduzierung der obligatorischen Datenpunkte um 50% während die 277 optionalen Datenpunkte komplett wegfallen sollen.
Es gilt zu beachten, dass dies noch kein offizieller Entwurf ist, mit diesem ist im Laufe des Monats zu rechnen.
Die EFRAG hat am 20. Juni 2025 einen Fortschrittsbericht zur Überarbeitung der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) vorgelegt. Der Bericht ist Teil eines konkreten Mandats der Europäischen Kommission: In einem Schreiben vom 5. Mai 2025 wurde EFRAG beauftragt, bis zum 31. Oktober 2025 technische Empfehlungen zur Vereinfachung und Entlastung der bestehenden Berichtsanforderungen auszuarbeiten. Der aktuelle Fortschrittsbericht, der einstimmig vom EFRAG Sustainability Reporting Board verabschiedet wurde, informiert über den Stand der Umsetzung, erste Entwürfe und bereits identifizierte Vereinfachungsmaßnahmen.
Ziel ist es, den Umfang und die Komplexität der Nachhaltigkeitsberichterstattung deutlich zu reduzieren. EFRAG rechnet mit einer Reduktion von mehr als 50 % der bisherigen Datenpunkte. Dies soll durch sechs gezielte „Levers“ (Hebel) erreicht werden, die unter anderem die doppelte Wesentlichkeitsanalyse, die Struktur der Berichte sowie die Interoperabilität mit internationalen Standards betreffen. Die überarbeiteten Entwürfe sollen im Juli veröffentlicht werden. Ein Zwischenbericht zur Kosten-Nutzen-Analyse ist für Ende Oktober angekündigt, der Abschlussbericht auf Basis der finalen Entwürfe soll bis Ende Dezember 2025 folgen.
Lever 1: Vereinfachung der Doppelten Wesentlichkeitsanalyse
Problemstellung: Die doppelte Wesentlichkeitsanalyse wird als zu komplex, aufwändig und stark prozessorientiert wahrgenommen. Kritisiert werden unter anderem der übermäßige Nachweisaufwand, die Verwendung der ESRS 1 AR16 Themenliste als Checkliste, fehlende Leitlinien zu Sektoren und Schwellenwerten sowie Unklarheiten bei der Bewertung negativer und positiver Auswirkungen. Besonders bei ESRS 2 führt dies oft zu überdetaillierter Berichterstattung ohne strategischen Mehrwert.
Geplante Änderung: Die Analyse soll künftig top down vom Geschäftsmodell ausgehen. Der Nachweisaufwand soll verhältnismäßig sein, insbesondere bei offensichtlich wesentlichen Themen. Die Wesentlichkeitskriterien werden geschärft, mit Fokus auf entscheidungsrelevante Informationen. Die ESRS 1 AR16 Themenliste wird als illustrativ klargestellt, der Detaillierungsgrad flexibilisiert (themen- oder unterthemenbezogen statt zwingend auf IRO-Ebene). Zudem werden Vorgaben zur Behandlung von Minderungsmaßnahmen (Brutto- vs. Nettoansatz), zur Definition positiver Auswirkungen und zur freiwilligen Angabe nicht wesentlicher Themen präzisiert. Wenn nur ein Unterthema wesentlich ist, beschränkt sich die Berichtspflicht ausschließlich auf dieses Unterthema, ohne dass alle weiteren Datenpunkte des zugehörigen Standards berichtet werden müssen.
Lever 2: Bessere Lesbarkeit und Struktur der Berichte
Problemstellung: Nachhaltigkeitsberichte wurden oft als zu detailliert wahrgenommen und vermischen wichtige Kernaussagen mit übermäßig vielen Datenpunkten. Unternehmen tun sich schwer, ihre Nachhaltigkeitsthemen klar und verständlich darzustellen, was dazu führt, dass die Berichte eher als Compliance-Aufgabe wahrgenommen werden. Die starre Struktur und Reihenfolge der Berichte schränken die Flexibilität ein und führen teilweise zu inhaltlichen Wiederholungen. Außerdem ist unklar, wie unverbindliche und wesentliche Angaben voneinander abzugrenzen sind, was zu uneinheitlichen Interpretationen führt.
Geplante Änderung: Es wird ermöglicht, eine optionale Executive Summary am Anfang des Berichts einzufügen. Detaillierte Informationen, etwa Kennzahlen oder EU-Taxonomie-Daten, können künftig in separaten Anhängen dargestellt werden. Auch Angaben zu nicht wesentlichen Themen können in gesonderten Abschnitten oder Anhängen bereitgestellt werden. Ziel ist es, Wiederholungen und Fragmentierungen im Bericht zu vermeiden und die Berichte insgesamt lesbarer und flexibler zu gestalten.
Lever 3: Kritische Änderung der Beziehung zwischen Mindestangabepflichten (MDR) und thematischen Spezifikationen
Problemstellung: ESRS 2 und die themenspezifischen Standards verlangen teils doppelte Angaben zu Strategien, Maßnahmen und Zielen (PATs). Das führt zu hohem Aufwand, unklarer Struktur, schwer verständlichen Berichten und zudem besteht eine Unsicherheit, ob PATs auch zusammengefasst dargestellt werden dürfen.
Geplante Änderung: Die allgemeinen Angaben in ESRS 2 bleiben, aber in vereinfachter Form mit weniger Datenpunkten. In den thematischen Standards werden PAT-bezogene Pflichtangaben stark reduziert, nur das Notwendige bleibt, der Rest wird gestrichen oder in freiwillige Leitlinien überführt. PATs müssen nur berichtet werden, wenn sie tatsächlich vorhanden sind und sich auf wesentliche Themen beziehen. Außerdem soll verhindert werden, dass Inhalte mehrfach im Bericht erscheinen, und PATs können künftig auf ein Unterthema beschränkt, ohne Angabe auf Themenebene, dargestellt werden.
Lever 4: Verbesserte Verständlichkeit, Klarheit und Zugänglichkeit der Standards
Die geplanten Änderungen umfassen eine deutliche Reduktion der freiwilligen Angaben sowie eine klare Trennung zwischen verpflichtenden und freiwilligen Inhalten. Zudem werden die Standards neu strukturiert, um die Verständlichkeit hinsichtlich der obligatorischen und freiwilligen Anforderungen zu verbessern und den Prüfaufwand zu verringern.
Lever 5: Einführung horizontaler Entlastungsmaßnahmen
Branchenübergreifende Erleichterungen sind geplant, u. a.:
- Klarere Regeln bei M&A-Transaktionen
- Übernahme passender IFRS-Erleichterungen (S1/S2)
- Reduktion wenig relevanter SFDR-Datenpunkte
- Übergangsregelungen bei fehlenden Inputdaten
- Ausschluss unwesentlicher Aktivitäten aus einzelnen Kennzahlen
- Neue Berichtsgrenze orientiert sich am Konsolidierungskreis des Konzernabschlusses; Wertschöpfungskettenangaben dürfen künftig stärker auf Schätzungen basieren
Lever 6: Bessere Interoperabilität mit anderen Berichtspflichten
Stärkere Angleichung an ISSB und IFRS S1/S2 durch Vereinheitlichung der Begriffe und Berichtsgrenzen, insbesondere bei GHG-Emissionen. Ziel ist eine verbesserte internationale Vergleichbarkeit. Der Dialog mit globalen Initiativen soll fortgeführt werden.
Nächste Schritte
Datum | Schritt |
2. Juli 2025 | Diskussion der überarbeiteten Version im EFRAG SRB |
Mitte Juli 2025 | Geplante Genehmigung des Exposure Draft |
25. Juli 2025 | Ggf. ergänzende Entscheidungsrunde |
Ende Juli 2025 | Veröffentlichung des Entwurfs, Beginn der öffentlichen Konsultation |
Ende Oktober 2025 | Zwischenbericht der Kosten-Nutzen-Analyse |
Ende Dezember 2025 | Abschlussberichts zur Kosten-Nutzen-Analyse basierend auf dem finalen Entwurf |
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Als interdisziplinär aufgestelltes Team aus Nachhaltigkeitsberater:innen und Wirtschaftsprüfer:innen begleiten wir Sie fundiert, pragmatisch und individuell – von der doppelten Wesentlichkeitsanalyse, der Auswahl des Rahmenwerks über die strukturierte Datenerhebung bis hin zur externen Kommunikation.
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Florian Ludwig
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Sustainability-AuditorIDW
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