- 26. März 2025
- Nachhaltigkeit
Überblick zu den European Sustainability Reporting Standards (ESRS): ESRS S2 – Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette
Während ESRS S1 die eigene Belegschaft in den Fokus der Berichterstattung rückt, legt ESRS S2 die Berichtsanforderungen für Unternehmen hinsichtlich der Arbeitskräfte in ihrer Wertschöpfungskette fest. Ziel dieses Standards ist es, Transparenz über wesentliche Auswirkungen, Risiken und Chancen zu schaffen, die mit der Beschäftigung und den Arbeitsbedingungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette verbunden sind. Somit betreffen die Berichtsanforderungen sowohl die vor- als auch nachgelagerte Wertschöpfungsketten und schließen alle Arbeitskräfte ein, auf die das Unternehmen mittelbar oder unmittelbar wesentliche Auswirkungen haben kann. Unternehmen sind verpflichtet, relevante Informationen zu den Bereichen Strategie, Management der Auswirkungen, Risiken und Chancen sowie Kennzahlen und Zielen offenzulegen. Der Standard überschneidet sich thematisch mit den Nachhaltigkeitsaspekten, die in ESRS S1 adressiert werden, darüber hinaus sind die Offenlegungsanforderungen hinsichtlich der Strategie in Verbindung mit den allgemeinen Angaben aus ESRS 2 zu lesen.
1. Strategie
Unternehmen müssen darlegen, wie die Interessen, Rechte und Standpunkte der Arbeitskräfte in ihrer Wertschöpfungskette in ihrer Strategie und ihrem Geschäftsmodell berücksichtigt werden. Die Berichterstattung soll die Wechselwirkungen zwischen den Auswirkungen, Risiken und Chancen in Zusammenhang mit den Arbeitskräften in der Wertschöpfungskette und Unternehmensstrategie und Geschäftsmodell aufzeigen. Hierauf folgt eine Beschreibung der Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette, die von wesentlichen tatsächlichen oder potenziellen Auswirkungen betroffen sind bzw. sein könnten. Weitere Details, die an dieser Stelle zur Beschreibung der Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette erfasst werden, beinhalten die geographischen Gebiete, in denen ein erhebliches Risiko von Kinder- und Zwangsarbeit besteht sowie nähere Details zu wesentlichen negativen Auswirkungen (z.B. ob diese systemisch sind oder ob sie mit individuellen Vorfällen in Verbindung stehen) und zu wesentlichen positiven Auswirkungen (z.B. Erläuterung, welche Tätigkeiten zu den positiven Auswirkungen geführt haben). Abschließend muss das Unternehmen auch darauf eingehen, inwiefern Arbeitskräfte mit bestimmten Merkmalen bzw. bestimmte Gruppen von Arbeitskräften (wie z.B. bestimmte Altersgruppen oder Arbeitskräfte aus bestimmten Ländern) besonders gefährdet sein könnten.
2. Management der Auswirkungen, Risiken und Chancen
Um den Anforderungen des ESRS S2 gerecht zu werden, müssen Unternehmen darlegen, welche Konzepte sie für das Management wesentlicher Auswirkungen auf Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette implementiert haben. Diese Konzepte sollen dazu beitragen, wesentliche negative Auswirkungen zu verhindern und wesentliche positive Auswirkungen zu fördern. Dabei steht insbesondere die Einhaltung international anerkannter Menschenrechts- und Arbeitsstandards im Fokus und in diesem Bereich insbesondere die Themen Zwangsarbeit und Kinderarbeit. Des Weiteren werden in diesem Abschnitt Angaben zur Einbeziehung von Arbeitskräften in der Wertschöpfungskette gefordert. Unternehmen müssen darlegen, wie sie mit betroffenen Arbeitskräften in der Wertschöpfungskette bzw. ihre rechtmäßigen Vertreter oder glaubwürdigen Stellvertreterin Hinblick auf wesentliche positive und negative Auswirkungen zusammenarbeiten und wie sie in Entscheidungsprozessen des Unternehmens berücksichtigt werden. Anschließend werden in diesem Abschnitt Angaben zu den Kanälen gefordert, mit denen Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette Anliegen und Bedürfnisse mitteilen können sowie Angaben darüber, wie Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette an Abhilfemaßnahmen beteiligt werden. Abschließend geht es in diesem Abschnitt darum, Informationen zu Maßnahmen offenzulegen, die mit wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen in Verbindung stehen. Neben der Beschreibung der Maßnahmen müssen Unternehmen erläutern, wie sie die Wirksamkeit bzw. den Erfolg ihrer Maßnahmen messen und bewerten.
3. Kennzahlen und Ziele
Unternehmen müssen darlegen, welche terminierten und ergebnisorientierten Ziele sie festgelegt haben. Das umschließt Ziele zur Verringerung wesentlicher negativer Auswirkungen auf Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette, Ziele zur Förderung wesentlicher positiver Auswirkungen sowie Ziele zum Management wesentlicher Risiken und Chancen. Diese Ziele dienen dazu, Fortschritte voranzutreiben und zu messen. Die Berichterstattung zu den Zielen umschließt eine Beschreibung des Verfahrens zur Festlegung und Nachverfolgung der Ziele, einschließlich Informationen darüber ob und wie Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette in die Zielsetzung einbezogen wurden.
4. Herausforderungen
Die Erhebung und Offenlegung von Informationen zu Arbeitskräften in der Wertschöpfungskette stellt für viele Unternehmen eine große Herausforderung dar. Besonders schwierig ist die Beschaffung von Informationen zu den Arbeitsbedingungen in der tieferen Wertschöpfungskette, zum Beispiel in Hinblick auf die Rohstoffgewinnung. Zudem sind Unternehmen häufig auf die Zusammenarbeit mit Lieferanten und Geschäftspartnern angewiesen, um Daten über Arbeitsbedingungen in der Wertschöpfungskette zu erhalten. Fehlende Kooperationsbereitschaft, unzuverlässige Daten sowie länderspezifische Datenschutzbestimmungen können die Erfassung von Informationen über die Arbeitsbedingungen in der Wertschöpfungskette erschweren.
5. Chancen
Trotz der Herausforderungen birgt die Berichterstattung über den Umgang mit Arbeitskräften in der Wertschöpfungskette auch bedeutsame Vorteile. Unternehmen, die sich aktiv für faire Arbeitsbedingungen in ihrer Wertschöpfungskette einsetzen, minimieren langfristig Beschaffungsrisiken und stärken das Vertrauen von Investoren, Kunden und Stakeholdern. Transparenz über soziale Nachhaltigkeitsaspekte steigert zudem die Attraktivität als Geschäftspartner und Arbeitgeber. Die Förderung von sozialer Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette kann zur Entwicklung beziehungsweise Stärkung eines innovativen und zukunftsfähigen Geschäftsmodells beitragen und somit Wettbewerbsvorteile und langfristigen wirtschaftlichen Erfolg fördern.
Fazit
ESRS S2 fordert Unternehmen auf, sich intensiv mit den sozialen Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette auseinanderzusetzen. Unternehmen, die transparent und umfassend über die Arbeitsbedingungen in ihrer Wertschöpfungskette berichten, erfüllen nicht nur regulatorische Anforderungen, sondern können die Berichterstattung auch als Orientierung für die Umsetzung von Maßnahmen zur Förderung von sozialer Nachhaltigkeit entlang der Wertschöpfungskette nutzen.