- 20. Juli 2023
- Gesellschaftsrecht und M&A
Änderung der Kündigungsfolgen bei GbRs
Das zum 1. Januar 2024 in Kraft tretende Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz (MoPeG) wird auch die Regelungen zur Beendigung der GbR grundlegend verändern. Bislang führt die Kündigung eines GbR-Gesellschafters grundsätzlich zur Auflösung der Gesellschaft. Zukünftig wird der kündigende Gesellschafter gegen eine Abfindung aus der Gesellschaft ausscheiden. Nicht immer entspricht dies den Interessen aller Gesellschafter. Die Möglichkeit der Auflösungskündigung kann einzelnen Gesellschaftern als wichtiges Instrument dienen, um ein Handeln der Mitgesellschafter gegen ihre Interessen zu verhindern. Gesellschaftern, welche daher an der heutigen Rechtslage festhalten wollen, können dies während einer Übergangsphase von der GbR verlangen.
Rechtslage bis zum 31. Dezember 2023: Kündigung führt zur Auflösung der GbR
In seiner aktuellen Fassung regelt das BGB in den §§ 723-728 verschiedene Umstände, welche zur Auflösung der GbR führen. Hierzu zählt insbesondere die Kündigung eines Gesellschafters. Zur Auflösung führen allerdings auch die Kündigung durch einen Privatgläubiger eines Gesellschafters, welcher dessen Gesellschaftsanteil gepfändet hat, sowie sein Tod oder seine Insolvenz. Diese Umstände haben gemeinsam, dass sie in der Person nur eines Gesellschafters eintreten. Die Folgen betreffen hingegen alle Gesellschafter. Mit ihrer Auflösung wird die GbR liquidiert. Etwas anderes gilt nur, wenn dies gesellschaftsvertraglich vereinbart wurde.
Bedeutung der Auflösungskündigung für Gesellschafter
Die strategische Bedeutung der Möglichkeit einer Auflösungskündigung liegt in ihrer Rechtsfolge. Die Gesellschaft ist zu liquidieren und ein verbleibender Überschuss an die Gesellschafter auszukehren. Insbesondere bei der grundstücksbesitzenden GbR kann dies erhebliche Folgen haben. Denn das Grundstücksvermögen ist im Rahmen der Liquidation zu verwerten. Sind keine anderen Vereinbarungen getroffen, findet die Verwertung von Grundstücken grundsätzlich durch Teilungsversteigerung statt. Der hieraus zu erwartende Erlös liegt regelmäßig unterhalb dessen, was sich mittels freihändigem Verkauf erzielen ließe.
Mit der Möglichkeit einer Auflösungskündigung steht GbR-Gesellschaftern damit ein Instrument zur Hand, um ihren Interessen in der GbR Gehör zu verschaffen. Besonders für Minderheitsgesellschafter kann sie wesentliches Druckmittel sein, um zu verhindern, dass ihre Interessen übergangen werden. Im Einzelfall kann das Kündigungsrecht den GbR-Gesellschaftern also dazu dienen, auch bei einem Ungleichgewicht der Stimmverhältnisse einen gewissen Einfluss auf die Entwicklung und Geschicke der GbR und ihrer Gesellschaftsbeteiligung zu nehmen.
Rechtslage ab dem 1. Januar 2024: Ausscheiden statt Auflösen
Mit Inkrafttreten des MoPeG zum 1. Januar 2024 wird die Auflösungskündigung durch die Austrittskündigung ersetzt. Die Kündigung der Mitgliedschaft in der GbR führt dann ebenso wie Tod und Insolvenz nur noch zum Ausscheiden des kündigenden Gesellschafters. Zur Auflösung der GbR kommt es hingegen nur noch, wenn dies im Gesellschaftsvertrag vereinbart wurde. Für den kündigenden Gesellschafter bedeutet dies, dass er gegen eine Abfindung aus der GbR ausscheidet, während die übrigen Mitgesellschafter die GbR fortführen können. Sein Druckmittel wird daher zukünftig darin liegen, dass eine angemessene Abfindung bestimmt und gezahlt werden muss. Der damit verbundene wirtschaftliche Aufwand kann ebenfalls hoch sein. Als Druckmittel wird die Austrittskündigung dennoch weniger Gewicht haben als die mit weitreichenderen finanziellen Folgen verbundene Auflösungskündigung.
Beibehaltung der aktuellen Rechtslage durch Fortgeltungsverlangen
GbR-Gesellschafter, welche die Möglichkeit der Auflösungskündigung auch ab dem 1. Januar 2024 wahren wollen, müssen hierzu selbst tätig werden. Lässt sich mangels Konsens aller Gesellschafter keine entsprechende gesellschaftsvertragliche Vereinbarung treffen, können einzelne GbR-Gesellschafter die Beibehaltung der aktuellen Rechtslage für ihre GbR verlangen.
Diese Möglichkeit räumt ihnen der Gesetzgeber im ebenfalls zum 1. Januar 2024 in Kraft tretenden Art. 229 § 61 EGBGB ein: Besteht keine anderweitige vertragliche Vereinbarung, gelten danach die die §§ 723-728 BGB in der heutigen Fassung zeitlich unbegrenzt fort, sofern ein Gesellschafter dies bis zum 31. Dezember 2024 durch schriftliche Erklärung gegenüber der GbR verlangt, bevor innerhalb dieser Frist ein zur Auflösung der Gesellschaft oder zum Ausscheiden eines Gesellschafters führender Grund eintritt. Das Verlangen kann durch einen Gesellschafterbeschluss zurückgewiesen werden.
Zu den Voraussetzungen des Fortgeltungsverlangens
Grundvoraussetzung des Fortgeltungsverlangens ist danach eine schriftliche Erklärung des GbR-Gesellschafters, welche er gegenüber der Gesellschaft vor Ablauf des 31. Dezembers 2024 abgeben muss. Dies ist jedoch nur möglich, wenn keine anderweitige vertragliche Vereinbarung besteht. Wiederholt der Gesellschaftsvertrag beispielsweise die heutige Rechtslage, so gilt diese vorrangige vertragliche Regelung zukünftig fort und es bleibt kein Raum für ein Fortgeltungsverlangen. Eine anderweitige Regelung fehlt hingegen, wenn im Gesellschaftsvertrag gar keine Regelung getroffen ist. Vereinbarungen, welche auf das Gesetz verweisen oder lückenhafte Regelungen enthalten, wird man im Einzelfall zu betrachten haben.
Das Fortgeltungsverlangen ist zudem nur möglich, wenn es zeitlich vor dem Eintritt eines Auflösungs- oder Ausscheidensgrund eintritt. Die Gesetzesbegründung lässt die Interpretation zu, dass es sich nicht nur um eine zeitliche Anforderung handelt, sondern ein solcher Grund auch zwingend bis zum 31. Dezember 2024 eintreten muss, damit das Fortsetzungsverlangen nicht leerläuft. Folge dessen wäre, dass die Wirksamkeit des Fortsetzungsverlangens von einem zufälligen Ereignis abhängt, welches der Gesellschafter nicht beeinflussen kann. Ob dies wirklich so ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt ungeklärt. Gesellschafter sind gut beraten, die Fortsetzung der aktuellen Rechtslage so oder so zu verlangen, da diese Unsicherheit bis zum Ende der Übergangsfrist zum 31. Dezember 2024 nicht höchstrichterlich geklärt sein wird.
Das Verlangen kann zudem durch einen Gesellschafterbeschluss zurückgewiesen werden. Dieser erfordert hier als sog. Grundlagenbeschluss grundsätzlich Einstimmigkeit aller Gesellschafter. Sieht der Gesellschaftsvertrag für Beschlüsse, welche den Gesellschaftsvertrag ändern, einen Mehrheitsbeschluss vor (bspw. Dreiviertelmehrheit), genügt dieses Quorum. Zu beachten ist, dass der betroffene Gesellschafter stimmberechtigt ist. Er entscheidet also über die Zurückweisung seines eigenen Fortgeltungsverlangens mit. Ist die Zurückweisung einstimmig zu beschließen, kann er sie immer verhindern; ist ein Mehrheitsbeschluss erforderlich, kann er sie verhindern, wenn er aufgrund seiner Stimmanteile die notwenige Sperrminorität besitzt und so das erforderliche Mehrheitsquorum nicht zustande kommt.
Fazit
GbR-Gesellschafter sollten einschätzen, welche Vorteile es für sie bedeutet, mittels Kündigung die Auflösung der Gesellschaft herbeiführen zu können. Wie gezeigt, kann dies im Einzelfall von großem Interesse sein. Ist aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Regelungen nicht gewährleistet, dass diese Möglichkeit auch zukünftig bestehen wird, sollte im Einzelfall von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, bis zum 31. Dezember 2024 die Fortgeltung der aktuellen Rechtslage zu verlangen.