- 06. Dezember 2022
- Gesellschaftsrecht und M&A
Einheitliche Vorgaben für Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen endgültig gebilligt
Der Rat der Europäischen Union hat die Richtlinie über eine verbesserte Nachhaltigkeitsberichterstattung (Richtlinie zur Änderung der RL 2013/34/EU, 2004/109/EG und 2006/43/EG und der VO 537/2014 hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen) in der vergangenen Woche endgültig gebilligt. Die darin enthaltenen Regelungen sollen unter anderem die Rechenschaftspflicht der Unternehmen im Hinblick auf ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung (sog. CSRD) weiter erhöhen, eine divergierende Nachhaltigkeitsberichterstattung verhindern und den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft innerhalb der Union erleichtern.
Hintergrund
Im Einklang mit der Richtlinie über die Angabe nichtfinanzieller Informationen hat die Europäische Kommission in den Jahren 2017 und 2019 zunächst Leitlinien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen und zur klimabezogenen Berichterstattung erlassen. Nachdem die Union nunmehr zu der Auffassung gelangte, dass sich die Qualität der Informationen, die Unternehmen gemäß der geltenden Richtlinie regelmäßig offenlegen, nicht im ausreichenden Maß verbessert hat, beabsichtigt sie nun durch eine Ausweitung des Anwendungsbereichs der Berichtspflichten auf weitere Unternehmen, detailliertere Pflichtangaben, verbindlich vorgeschriebenen Standards für die Nachhaltigkeitsberichter-stattung und das Erfordernis der Prüfung der Informationen eine nachhaltige Verbesserung der CSDR-Berichterstattung von Unternehmen. Hierzu ist vorgesehen, dass Nachhaltigkeitsinformationen zukünftig in einem einheitlichen Berichtsformat (gemäß ESEF-Verordnung, d.h. im XHTML-Format) zur Verfügung gestellt werden müssen und durch einen Abschluss-, Wirtschaftsprüfer oder einen vergleichbaren unabhängigen Erbringer von Bestätigungsleistungen geprüft werden. Bis spätestens 1. Oktober 2026 sollen hierzu für die entsprechenden Prüfer Prüfungsstandards mit begrenzter Sicherheit und bis spätestens 1. Oktober 2028 ein Prüfungsstandard mit hinreichender Sicherheit durch die EU-Kommission bereitgestellt werden.
Insbesondere von Seiten der Anleger sei nach Auffassung der Union in den letzten Jahren die Nach-frage nach verlässlichen Nachhaltigkeitsinformationen der Unternehmen stetig gestiegen. Die nur begrenzte Vergleichbarkeit und Zuverlässigkeit der Bereitstellung von Informationen durch die Unternehmen habe sich auf Seiten der Investoren dabei aber als Hindernis erwiesen. Durch die Neuregelung sollen potentielle Investoren und andere Interessenträger daher zukünftig besser in der Lage sein, fundierte Investitionsentscheidungen im Hinblick auf Nachhaltigkeitsfragen zu treffen. Die Richtlinie über die verbesserte Nachhaltigkeitsberichterstattung ist dabei Teil des sog. europäischen New Green Deals und der Agenda der Union für ein nachhaltiges Finanzwesen. Die EU verfolgt mit einer verbesserten Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen zudem den Zweck, zusätzliche Finanzmittel für Investitionen zu mobilisieren, um den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft innerhalb der Union zu fördern.
Neue Berichterstattungsvorschriften für Unternehmen
Für die Praxis bedeutet die Ausweitung der Berichtspflichten, dass Unternehmen zukünftig insbesondere detailliert darüber berichten müssen, wie sich ihr jeweiliges Geschäftsmodell auf die Nachhaltigkeit des Unternehmens selbst sowie auf externe Nachhaltigkeitsfaktoren (etwa Klimawandel oder Menschenrechtsfragen), welche die künftigen Aktivitäten des Unternehmens beeinflussen, auswirkt. Weiter soll durch die Vorgaben sichergestellt werden, dass Unternehmen über Nachhaltigkeitsaspekte wie Umweltrechte, Menschenrechte, soziale Rechte und Governance-Faktoren zukünftig in detaillierterer Form Bericht erstatten müssen.
Die neuen Vorschriften für die Nachhaltigkeitsberichterstattung gelten unmittelbar für alle an geregelten Märkten notierten Unternehmen, für große Unternehmen von öffentlichem Interesse mit einer durchschnittlichen Mitarbeiterzahl von mehr als 500 Angestellten, für Unternehmen von öffentlichem Interesse, bei denen es sich um Mutterunternehmen einer Gruppe mit einer durchschnittlichen konsolidierten Mitarbeiterzahl von mehr als 500 Beschäftigten handelt sowie für Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten und einem Umsatz von mind. EUR 40 Mio. Die Anforderung, dass auch nicht börsennotierte Unternehmen Informationen zu Nachhaltigkeitsaspekten zur Verfügung stellen müssen, gehe dabei auf die Verantwortung solcher Unternehmen für ihre Wertschöpfungsketten zurück.
Ziel des Richtlinienvorschlags ist es dabei, dass für sämtliche erfassten Unternehmen einheitliche Anforderungen zur Offenlegung der Nachhaltigkeitsinformationen gelten. Dabei ist von der EU auch ausdrücklich beabsichtigt, dass die Offenlegungsvorschriften – vorbehaltlich eines Übergangszeit-raums bis voraussichtlich 2028 – ebenfalls für bestimmte kleine und mittlere Unternehmen (KMU) unter Berücksichtigung ihrer besonderen Merkmale gelten.
Die Anwendung nun angenommenen Regelungen soll dabei in mehreren Phasen erfolgen: Während diejenigen Unternehmen, die derzeit bereits von den CSDR-Berichtspflichten der Europäischen Union erfasst sind, bereits über das Geschäftsjahr 2024 entsprechend der neuen Vorgaben berichten müssen, sollen Unternehmen, die derzeit nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinien über die Angabe nichtfinanzieller Informationen fallen, erst ab dem Jahr 2026 einen CSR-Bericht über das vergangene Geschäftsjahr verfassen müssen. Börsennotierte KMU (mit Ausnahme von Kleinstunternehmen, klei-nen, nicht komplexen Kreditinstituten und firmeneigenen Versicherungsunternehmen) werden erst ab dem Jahr 2027 (für das Geschäftsjahr 2026) von den entsprechenden Berichtspflichten erfasst.
Durch den ausgeweiteten Anwendungsbereich der CSRD werden aber auch diejenigen KMU, die nicht direkt in den Anwendungsbereich der europäischen Vorgaben fallen, zukünftig stärker betroffen sein. Denn Unternehmen, die der Berichtspflicht unterliegen, reichen die entsprechenden Anforderungen regelmäßig an die KMU innerhalb ihrer Lieferketten weiter. Daher ist zu erwarten, dass mittelfristig sämtliche KMU stärkere Unterstützung bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen gegenüber ihren Ver-tragspartnern benötigen, was einen erhöhten Beratungsbedarf zur Folge hat.
Weiteres Gesetzgebungsverfahren
Nachdem der Rat den Standpunkt des Europäischen Parlaments in der vergangenen Woche vollstän-dig gebilligt hat, ist das Gesetzgebungsverfahren innerhalb der Union abgeschlossen und die Richtlinie formell angenommen. Sie wird nach der Unterzeichnung durch die Präsidentin des Europäischen Parlaments und den Präsidenten des Rates voraussichtlich noch in diesem Dezember im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden und 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft treten. Von den Mitgliedsstaaten sind die beschlossenen Regelunge innerhalb von 18 Monate nach ihrem Inkrafttreten umzusetzen.