• 24. Januar 2022
  • Immobilienrecht

HOAI Mindestsätze und ein Ende; der Europäische Gerichtshof hat entschieden

Mit Urteil vom 4. Juli 2019 (Az. C-377/17) hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) die verbindlichen Mindest- und Höchstsätze in der Honorarordnung für Architekten (HOAI) für Europa rechtswidrig erklärt. In der Folgezeit versäumte es der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs zügig umzusetzen. Erst mit Wirkung zum 1. Januar 2021 trat eine geänderte HOAI, die die Vorgaben des EuGH berücksichtigt, in Kraft.

Seit der Entscheidung des EuGH vom 4. Juli 2019 hat es vor deutschen Gerichten eine Vielzahl von Verfahren gegeben, bei denen es um die Frage ging, ob Architekten gestützt auf die HOAI 2013 auf Aufstockung des Honorars gemäß den von dem EuGH für europarechtswidrig erklärten Mindestsätzen klagen können. Die Entscheidungen diverser Oberlandesgerichte zu dieser Frage wichen ab. Einige Oberlandesgerichte waren der Auffassung, dass eine Aufstockungsklage auf Grundlage der vom EuGH für europarechtswidrig erklärten Mindestsätze nicht möglich sei. Andere Oberlandesgerichte wiederum hielten diese Aufstockungsklagen für wirksam. Zur Begründung führten sie an, dass die alte HOAI mit den europarechtswidrigen Mindestsätzen in Kraft und damit als geltendes Recht zu berücksichtigen sei. Eine „Durchgriffswirkung“ der Entscheidung des EuGH auf die Parteien von Architektenverträgen könne es nach dem Europäischen Recht nicht geben. Vielmehr richte sich die Entscheidung des EuGH, die auf eine Europäische Richtlinie rekurriert, an die Bundesrepublik Deutschland. Eine der Aufstockungsklagen landete schließlich vor dem Bundesgerichtshof. Dieser legte daraufhin dem EuGH die Frage zur Entscheidung vor, wie deutsche Gerichte mit Aufstockungsklagen auf Grundlage der HOAI 2013 umzugehen hätten. Der EuGH hat diese Vorlagefrage nunmehr entschieden, und zwar dahingehend, dass die bis zum Inkrafttreten der angepassten HOAI am 1. Januar 2021 geltenden verbindlichen Mindestsätze für Altverträge weiterhin anzuwenden sind. Mit anderen Worten: Architekten können aus Verträgen, die vor dem 1. Januar 2021 abgeschlossen worden sind, weiterhin eine Aufstockung ihres Honorars auf die Mindestsätze einklagen.