- 26. Februar 2025
- Nachhaltigkeit
Überblick zu den European Sustainability Reporting Standards (ESRS): ESRS E4 – Biologische Vielfalt und Ökosysteme
Der European Sustainability Reporting Standard (ESRS) E4 befasst sich mit den Offenlegungspflichten von Unternehmen in Bezug auf biologische Vielfalt und Ökosysteme. Ziel ist es, die Transparenz sowohl über die Auswirkungen unternehmerischer Tätigkeiten auf Biodiversität und natürliche Lebensräume zu erhöhen als auch über die biodiversitätsbezogenen Risiken und Chancen und damit verbundene finanzielle Effekte für das Unternehmen darzulegen. Der Standard steht im engen Zusammenhang mit den Standards zu Klimawandel (E1) und Umweltverschmutzung (E2), da diese Themen einen wichtigen Einfluss auf biologische Vielfalt Ökosysteme haben.
Kernelemente
Unternehmen werden aufgefordert, ihre wechselseitige Beziehung zu Land-, Süßwasser- und Meereslebensräumen und den darin lebenden Arten offenzulegen. In diesem Zusammenhang sollen Unternehmen auch darlegen, wie sie zur Erreichung lokaler, nationaler und globaler Biodiversitätsziele (z.B. die EU-Biodiversitätsstrategie 2030) beitragen und welche Maßnahmen sie zur Vermeidung bzw. Förderung von wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen ergreifen.
1. Strategie
Zunächst müssen Unternehmen beschreiben, wie resilient ihre Strategie und ihr Geschäftsmodell in Bezug auf biologische Vielfalt und Ökosysteme ist und inwiefern Strategie und Geschäftsmodell mit den lokalen, nationalen und globalen politischen Zielen im Zusammenhang mit Biodiversität stehen. In einem zweiten Schritt erfordert ESRS E4 eine Aufschlüsselung der Standorte in Hinblick auf Gebiete mit schutzbedürftiger Biodiversität und in Hinblick auf die wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen.
2. Management der Auswirkungen, Risiken und Chancen
Die Identifizierung und Bewertung von Auswirkungen, Risiken und Chancen ist ein wesentlicher Bestandteil der doppelten Wesentlichkeitsanalyse, die die Grundlage des Nachhaltigkeitsberichts ist. Entsprechend der anderen themenspezifischen ESRS erfordert ESRS E4, dass Unternehmen ihr Verfahren zur Identifizierung und Bewertung von Auswirkungen, Risiken und Chancen beschreiben. Unter anderem sollen Unternehmen darauf eingehen, ob und wie es für die Ermittlung von Risiken und Chancen mit Szenarioanalysen gearbeitet hat. Nach der Verfahrensbeschreibung folgt die Beschreibung von Konzepten zum Management seiner wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen in Zusammenhang mit Biodiversität. Hier müssen Unternehmen insbesondere auf die Aspekte Schutzgebiete, Landnutzung und Landwirtschaft, Meere und Entwaldung eingehen. Darauf folgt die Beschreibung von Maßnahmen zur Umsetzung der in den Konzepten festgelegten Zielsetzungen. Diese können z.B. die Reduzierung des Flächenverbrauchs, die Förderung von Lebensräumen für gefährdete Arten oder die Implementierung von Maßnahmen zur Wiederherstellung degradierter Ökosysteme umfassen. Unternehmen sollen u.a. darauf eingehen, ob Kompensations- oder Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt werden.
3. Kennzahlen und Ziele
Unternehmen werden angehalten, ihre Ziele zum Erhalt und Schutz der biologischen Vielfalt in Zusammenhang mit ihren wesentlichen Auswirkungen, Risiken und Chancen offenzulegen. Unter anderem müssen Unternehmen hier erläutern, ob ökologische Schwellenwerte bei der Bestimmung der Ziele angewandt wurden und ob die Ziele auf nationalen, EU-weiten oder internationalen Richtlinien und Vorschriften basieren. Anhand von für das Unternehmen relevanten Kennzahlen sollen die Auswirkungen des Unternehmens auf Biodiversität gemessen werden. So kann die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen verglichen, bewertet und gegebenenfalls eine Anpassung vorgenommen werden. Abschließend müssen Unternehmen auf die finanziellen Effekte, die durch wesentliche Risiken und Chancen in Zusammenhang mit Biodiversität entstehen, quantifizieren und offenlegen.
4. Herausforderungen
Bei der Implementierung von ESRS E4 in der Berichterstattung werden Unternehmen mit einigen Herausforderungen konfrontiert. Die Definition und Erhebung von Kennzahlen in Zusammenhang mit biologischer Vielfalt ist komplex und erfordert die Entwicklung zuverlässiger Methoden und Instrumente. Ein weiterer Aspekt ist die eingeschränkte Datenverfügbarkeit zur Biodiversität entlang der Wertschöpfungskette. Darüber hinaus erfordert die Entwicklung und Implementierung effektiver Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität und Einhaltung nationaler und internationaler Richtlinien und regulatorischer Anforderungen Investitionen in Forschung, Technologie und Personal, was mit hohen Kosten verbunden sein kann.
5. Chancen
ESRS E4 bietet Unternehmen auch zahlreiche Chancen. Unternehmen können durch ihren aktiven Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt und dem Schutz der Ökosysteme ihre Reputation verbessern und das Vertrauen von nachhaltigkeitsbewussten Kunden und Investoren gewinnen. Darüber hinaus können Unternehmen, die innovative, biodiversitätsschützende Produkte und Dienstleistungen anbieten eine Vorreiterrolle auf dem Markt einnehmen. Schließlich tragen Unternehmen, die sich für den Schutz der Biodiversität engagieren, aktiv zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen und somit zur langfristigen Stabilität und Sicherung ihrer eigenen Geschäftsgrundlage bei.
Fazit
Die transparente Berichterstattung über Strategien, Maßnahmen, Ziele und Kennzahlen gemäß den Anforderungen des ESRS E4 ist für Unternehmen zwar eine neue regulatorische Pflicht. Jedoch erzeugt diese auch die Chance, durch die Integration von Biodiversitätsaspekten in die Geschäftsstrategie, einen neuen Erfolgsfaktor in einer zunehmend auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Wirtschaft zu etablieren und sich für den Schutz unserer Lebens- und Wirtschaftsgrundlagen einzusetzen.