• 10. Juli 2025
  • Gesellschaftsrecht und M&A

Wirksamkeit von Klauseln in D&O-Versicherungsverträgen, die den Versicherungsschutz im Insolvenzfall beenden oder einschränken

Da Geschäftsleiter im Rahmen der Unternehmensinsolvenz besonderen Haftungsrisiken ausgesetzt sind und Forderungen gegen diese nunmehr nicht mehr von der Gesellschaft, sondern dem Insolvenzverwalter durchgesetzt werden, stellt die D&O-Versicherung in der Krise eine zunehmend wichtige Absicherung für Geschäftsleiter dar.

Deshalb versuchen D&O-Versicherer häufig, ihr Risiko zu begrenzen, indem sie in ihrem jeweiligen Bedingungswerk Bestimmungen vorsehen, die den Versicherungsschutz im Insolvenzfall beschränken sollen. Der BGH hat sich in seinem Urteil vom 18. Dezember 2024 (Az. IV ZR 151/23) mit zwei solcher Klauseln befasst: So sollte zum einen der Versicherungsvertrag automatisch mit Ablauf der Versicherungsperiode enden, in der ein Insolvenzantrag gestellt wurde. Zum anderen war eine Nachmeldefrist und damit die Möglichkeit, auch nach Vertragsende noch Ansprüche geltend zu machen, bei Vertragsbeendigung wegen Insolvenz ausgeschlossen.

Der Fall

Kläger war der Insolvenzverwalter einer Aktiengesellschaft, die als Versicherungsnehmerin eine D&O-Versicherung bei der Beklagten unterhielt. Nachdem die AG Insolvenzantrag gestellt hatte, nahm der Kläger einige Jahre später ehemalige Vorstandsmitglieder in Anspruch und ließ sich deren Ansprüche gegen den D&O-Versicherer abtreten. Dieser verweigerte jedoch jegliche Zahlung mit der Begründung, der Versicherungsvertrag habe automatisch mit Ablauf der Versicherungsperiode geendet, in der der Insolvenzantrag gestellt worden war. Eine Geltendmachung von Versicherungsleistungen nach Vertragsende komme nicht in Betracht, da eine Nachmeldefrist nur bei „Beendigung des Vertrages aus einem anderen Grund als […] Insolvenz“ vorgesehen sei.

Die Entscheidung des BGH

Der BGH widersprach allerdings dieser Argumentation der Beklagten. Er stellte zunächst die Unwirksamkeit der Klausel fest, wonach der Versicherungsvertrag im Falle einer Insolvenzantragstellung mit Ablauf der laufenden Versicherungsperiode enden soll. Zur Begründung verwies er auf § 11 Abs. 3 VVG, der eine Kündigungsfrist von mindestens einem Monat vorschreibt. Eine automatische Vertragsbeendigung stelle eine Abweichung hiervon dar, die den Versicherungsnehmer unangemessen benachteilige und die Unwirksamkeit der Klausel zur Folge habe. Darüber hinaus lehnte das Gericht auch einen Ausschluss der Nachmeldefrist ab. Eine Auslegung des Bedingungswerkes des D&O-Versicherers ergebe, dass ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer eine inhaltliche Verknüpfung zwischen der zuvor überprüften insolvenzantragsabhängigen Beendigungsklausel und dem insolvenzbedingten Ausschluss der Nachmeldefrist annehme. Nur wenn der Versicherungsvertrag tatsächlich aufgrund der insolvenzantragsabhängigen Beendigungsklausel geendet habe, könne auch von einem Ausschluss der Nachmeldefrist wegen Insolvenz ausgegangen werden. Mangels Wirksamkeit der Beendigungsklausel kam dies in konkreten Fall aber nicht in Betracht.

Fazit

Mit seiner Entscheidung stärkt der BGH grundsätzlich die Position von Versicherungsnehmern und versicherten Personen. D&O-Versicherer können sich im Fall der Insolvenz ihrer Leistungspflicht nicht durch schlichte Beendigungsklauseln und daran anschließende Ausschlussklauseln der Nachmeldefrist entziehen.

Da der BGH die Unwirksamkeit der insolvenzantragsabhängigen Beendigungsklausel aber lediglich auf eine Verletzung von § 11 Abs. 3 VVG stützte, können weiterhin Unsicherheiten bestehen: Ein solcher Verstoß könnte nämlich durch eine, die einmonatige Mindestkündigungsfrist wahrende Klauselgestaltung vermieden werden. Ob aber auch derart angepasste Klauseln unwirksam sein sollen, hat der BGH offengelassen. Gleiches gilt für Bestimmungen, die einen Ausschluss der Nachmeldefrist vorsehen. Da der BGH im konkreten Fall nach umfassender Auslegung lediglich die Nichtanwendbarkeit der hier vereinbarten Klausel feststellte, ist eine grundlegende Wirksamkeitskontrolle durch den BGH unterblieben. Da aber in obergerichtlicher Rechtsprechung und Teilen der Literatur die Einräumung einer Nachmeldefrist für erforderlich und ein Ausschluss für unangemessen und damit unwirksam gehalten wird, wäre eine solche Überprüfung wünschenswert gewesen.

Konsequenzen

Versicherte Personen und Versicherungsnehmer sollten überprüfen, ob das Bedingungswerk ihrer D&O-Versicherung Klauseln enthält, die mit denen der Entscheidung des BGH übereinstimmen. In diesem Fall, kann sich der D&O-Versicherer im Insolvenzfall nicht auf derartige Klauseln berufen. Sie sollten durch Nachträge entfernt werden. Bei abweichend formulierten Klauseln, insbesondere solchen, die die Mindestkündigungsfrist von einem Monat wahren, bleibt deren Wirksamkeit derzeit rechtlich ungeklärt. Versicherungsnehmer sollten versuchen, über ihren Makler eine Korrekturverhandlung dahingehend zu erwirken, dass das Bedingungswerk der jeweiligen D&O-Versicherung keine insolvenzantragsabhängige Beendigungsklausel und eine ausreichende Nachmeldefrist enthält.

Weiterführende Links: BGH, Urt. v. 18.12.2024 – IV ZR 151/23