- 19. Juni 2025
- Prozessführung und Schiedsverfahren
Fortan Ausschluss des lästigen AGB-Rechts in B2B-Verträgen mittels einer entsprechenden Rechtswahlklausel in Schiedsverfahren? BGH, Urt. v. 9. Januar 2025 Az. I ZB 48/24
Das deutsche Recht ist für Vertragsparteien oft eine attraktive Wahl: In den meisten für B2B-Verträge relevanten Bereichen ist es von Rechtsprechung und Literatur gut durchdrungen und dadurch vorhersehbar. Wäre da nur nicht das auch im B2B-Bereich zwingende AGB-Recht. Dieses ist alles andere als vorhersehbar und reduziert den vertraglichen Gestaltungsspielraum der Parteien, insbesondere der zu Lieferung und/oder Leistung verpflichteten Partei, auf ein Minimum. Dies ist ein Ärgernis und beeinträchtigt die Attraktivität des deutschen Rechts nicht unerheblich. Eine Möglichkeit, die Risiken des AGB-Rechts zu umgehen, besteht darin, eine Schiedsgerichtsabrede zu treffen. Schiedsgerichte sind nicht verpflichtet, das AGB-Recht anzuwenden, können dies aber. Mit Urteil vom 9. Januar 2025 hat der BGH entschieden, dass eine Schiedsvereinbarung auch dann wirksam ist, wenn sie möglicherweise unwirksame Vereinbarungen der Parteien über das im Schiedsverfahren anwendbare Sachrecht enthält. Die Parteien hatten in der Klausel vereinbart, dass deutsches Recht unter Ausschluss des AGB-Rechts anwendbar sein sollte. Mit diesem Urteil hat der BGH den Weg zu einer wirksamen Abbedingung des deutschen AGB-Rechts in Schiedsverfahren geebnet.
Unter Berücksichtigung des Urteils des BGH sind bei der Abwahl deutschen AGB Rechts drei Aspekte zu beachten:
1. Wirksamkeit der Schiedsklausel – Antrag gem. § 1032 Abs. 2 ZPO erfolglos
Aus dem Urteil des BGH ergibt sich, dass sich die Abwahl zwingenden AGB-Rechts in der Rechtswahlklausel nicht auf die Wirksamkeit der gesamten Schiedsklausel auswirkt. Die Schiedsklausel ist wirksam. Der BGH hat in seinem Urteil klargestellt, dass in einem solchen Fall ein Antrag vor einem deutschen staatlichen Gericht auf Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens (§ 1032 Abs. 2 ZPO) keine Aussicht auf Erfolg hat.
2. Wirksamkeit der Rechtswahlklausel – Kontrolle durch das Schiedsgericht
Das Schiedsgericht muss prüfen, ob die (AGB-Recht abwählende) Rechtswahlklausel als Teil der Schiedsklausel wirksam ist. Wir meinen, dass ein Schiedsgericht die Entscheidung der Parteien respektieren muss. Denn gemäß § 1051 Abs. 1 ZPO gilt Sonderkollisionsrecht, das den Parteien hinsichtlich des anwendbaren Sachrechts einen deutlich größeren Gestaltungsfreiraum einräumt, als dies in einem staatlichen Verfahren der Fall wäre. Dies gilt insbesondere dann, wenn man bedenkt, dass es den Parteien gleichermaßen freigestanden hätte, ein ausländisches Recht zu wählen, das schon gar keine AGB-rechtliche Bestimmungen vorsieht.
3. Keine Vollstreckungshindernisse – ordre public Kontrolle
Die Vollstreckung eines Schiedsspruchs in Deutschland, der auf einer Schiedsklausel beruht, die die Anwendbarkeit des deutschen AGB-Rechts vorsieht, ist möglich. Ein Verstoß des Schiedsspruchs gegen den ordre public, der einen Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs gem. § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b) ZPO rechtfertigte, liegt nicht vor. Das AGB-Recht gehört nach herrschender und richtiger Auffassung nicht zum deutschen ordre public.